Prescriptive Analytics innerhalb von Business Analytics

Prescriptive Analytics zählt zu dem letzten Schritt, bzw. zur letzten Phase der sogenannten Business Analytics (BA), die zusätzlich Descriptive und Predictive Analytics enthält. Business Analytics ist wiederum eine Erweiterung von Business Intelligence (BI), die eine systematische Analyse von elektronischen Daten und die dafür angewandten Verfahren und Methoden bezeichnet. Im Gegensatz zur Business Intelligence, beschäftigt sich Business Analytics weniger mit der Auswertung und Analyse vergangener Geschehnissen und vorhandener, aktueller Probleme, sondern mehr um die Prognose von Entwicklungen, ausgehend von einer aktuellen Bestandsaufnahme. Infolgedessen erweitert Business Analytics die Methoden der Business Intelligence mit dem Fokus auf die Zukunft und beantwortet Fragen zu Ursache-Wirkung, Aus- und Wechselwirkungen, sowie Konsequenzen von potentiellen Entscheidungsmöglichkeiten. Aus der unternehmerischen Sicht soll BI dem Management operative und strategische Entscheidungen erleichtern. [Gar17] [Cio17]

Prescriptive Analytics hat vielmehr die Aufgabe erforderliche Handlungsanweisungen zu spezifizieren, um die prognostizierten Ergebnisse zu erreichen und die zusammenhängenden Auswirkungen einzelner Entscheidung, bzw. einzelner Entscheidungsmodelle aufzuzeigen. In diesem Sinne wollen Unternehmen unübersichtliche, komplexe wirtschaftliche Beziehungen verstehen und vorhersagen können, um Entscheidungsoptionen erarbeiten und bewerten zu können. Dies wird einen signifikanten Vorteil gegenüber dem Wettbewerb verschaffen. Insofern gilt Prescriptive Analytics als Teildisziplin der Business Analytics. [Cio17] Presciptive Analytics wird häufig im Zusammenhang mit Big Data, Data Mining, BI und BA verwendet.

Um einen besseren Überblick gewährleisten zu können, wird das Analytics-Reifegradmodell von Gartner zur Differenzierung der verschiedenen Analytics-Stufen angewandt. Im Modell von Gartner wird die Prescriptive Analytics nach der Predictive Analytics angewandt. Predictive Analytics liefert, aufbauend auf Data Mining, maschinellen Lernen und statistischen Methoden Aussagen darüber, wie wahrscheinlich bestimmte Ereignisse auftreten werden. Der letzte Schritt, die Prescriptive Analytics, ist ebenfalls zukunftsorientiert, greift aber weiter als das Verfahren der Predictive Analytics, da hier Handlungsalternativen angeboten werden. Die beiden Verfahren sind übergreifend, unterscheiden sich jedoch in ihren eigentlichen Kernaufgaben. Die Prescriptive Analytics verwendet ebenfalls die Methoden der Predictive Analytics, kann jedoch diese „starren“ Methoden mit Computermodellierungen, Geschäftsregeln, mathematischen Modellen und weiteren präferenzorientierten Algorithmen kombinieren.

Zusammenfassend liefert Prescriptive Analytics Vorschläge und versucht zu quantifizieren, welche Auswirkungen auf die Zukunft zu erwarten sind, wenn gewisse Entscheidungen getroffen werden, ohne dass diese Entscheidungen tatsächlich gewählt werden. Darüber hinaus beantwortet dieses Verfahren nicht nur die Frage „Was wird geschehen“, sondern auch die Frage „Warum wird dieses bestimmte Ereignis geschehen“. Im Gegensatz zu den vorigen Verfahren, die nur Daten der Vergangenheit auswerten, verwendet Prescriptive Analytics zusätzlich Transaktionsdaten, Echtzeitdaten und Big Data. Dabei können die Daten aus unterschiedlichen Quellen stammen. Es umfasst interne Daten (unternehmensspezifische Daten) und externe Daten (Social Media etc.). Auch die Art der Daten kann variabel sein. Sie können als numerische und kategorische Daten strukturiert oder unstrukturiert, in Form Text- Audio, oder Video-Dateien sein. [Hal17] [Ros17]

Anwendungsbereiche der Prescriptive Analytics

Praxisbeispiel Prescriptive Maintenance und Smart Manufacturing

Produzierende Unternehmen sind längst in einer Zeit angekommen, in der sich der Fokus von der reinen Datenakkumulation zur Analyse und Entscheidungsunterstützung, basierend auf den gesammelten Daten, verschoben hat. Maintenance beschreibt zunächst die Instandhaltung, Pflege und Verwaltung einer Produktion, bzw. eines Produktionssystems.  Die „klassische“ Maintenance arbeitet reaktiv bezüglich aufgetretene Fehler in der Produktion, nachdem sie bereits geschehen sind. Dies ist das eigentliche Problem und stellt damit ein Worst-Case-Szenario dar, welches gerade durch die Maintenance vermieden werden müsste. Im Prinzip muss eine kontinuierliche (daten-basierte) Maintenance erschaffen werden. Die Vorstellung des sogenannten Smart Manufacturing beschreibt die Anwendung von Smart Technologies, Sensornetzwerken, Prozessanalysen, Produktionsmanagement und Software, um die Effizienz, Ressourcenauslastung und Nachhaltigkeit zu steigern. [ShJa14]

Mit der gesteigerten Performance von Computer-Systemen und Visualisierungstechnogien eröffnen sich neue Möglichkeiten im Bereich der Maintenance. Die Digitalisierung ist bereits seit ungefähr zwei Jahrzehenten in der Produktion voll angekommen, um die End-to-End Produktion entlang der Wertschöpfungskette und, anhand von „smarten“ Business-Prozessen, zu optimieren. Dabei ist die Prescriptive Maintenance ein Teil der Total Productive Maintenance, die durch die drei fundamentalen Kräfte der Digitalisierung angetrieben werden: Internet of Things, Big Data Analytics und Dynamic Case Management. [KhRo15] [Shja14]

Insbesondere die Prescriptive Maintenance gilt als neues, sehr ausbaufähiges Fachgebiet. Die Prescriptive Maintenance bedeutet von der geplanten, präventiven Instandhaltung zu einer proaktiven, dynamisch eingreifenden und smarten Instandhaltungsplanung zu bewegen und geht damit über die Bereiche Productive, Preventive und Predictive Maintenance hinaus. Als eine der größten Herausforderung gilt, wie in vielen anderen Gebieten, die Akkumulation und das Management von Daten. Das Volumen an verfügbaren Daten für Maintenance-Entscheidungen steigt signifikant und parallel mit der wachsenden Anwendung von Prozessüberwachung, Multi-Sensor-Technologien und Cloud-Computing. Folglich liegen die Probleme in der Entwicklung einer daten-basierten Prescriptive Maintenance u.a. in einem Mangel an formalisierten Datenstrukturen.

Die Entwicklung der Prescriptive Maintenance zeigt den Wandel der als bis dahin als Standard geltende Total Productive Maintenance. Die Kommunikation der Geräte untereinander erlaubt den großen Vorteil Informationen zu Zustand, Performance und ausführenden Operationen zu verarbeiten. Business Rules und Business Logic, Big Data Analytics und Algorithmen sind wichtige Faktoren in der Optimierung der Maintenance, die dadurch erst Productive, Preventive, Predictive und am wichtigsten Prescriptive Maintenance ermöglichen. Ohne Prescriptive Maintenance würden hohe Opportunitätskosten durch mangelhafte Koordination zwischen Dingen, Menschen, Prozessen, Daten und Technologien entstehen. [Ma+17] [KhRo15]

Die Rolle des Big Data und Dynamic Case Managements in Prescriptive Mainte-nance

Das Data-Mining, welches letztendlich zu Big Data führt, erlaubt es in der Produktion gewissen Ereignisse und Probleme aktiv zu diagnostizieren und zu lösen, wobei oftmals diese Ereignisse antizipiert und verhindert werden können, was zu den Kernaufgaben der Prescriptive Maintenance zählt. Hier spielt das „Internet der Dinge“ (Internet of Things = IoT) eine sehr große Rolle. Maschinen und Anlagen der Produktion sind in der Lage entlang der Wertschöpfungskette eines Produktes miteinander eine enorme Menge an Informationen auszutauschen. Dies wird unter anderem durch Cloud-Computing und Sensor-Technologie bestärkt. Sensoren an Endgeräten können Status und Verhalten erfassen und weitergeben. Es ist zu erwarten, dass Big Data, nicht nur im Bereich der Produktion, sich vermehrt zu „Thing“ Data entwickelt. Damit ist der Informationsfluss von, durch und zu Maschinen gemeint.

Einer der wichtigsten Faktoren im Zusammenhang Prescriptive Maintenance und Big Data ist das Dynamic Case Management. Dynamic Case Management wird gebraucht, um automatisierte Maintenance-Fälle zu erstellen, die von Dingen oder Menschen ausgeführt werden können. Dabei wird ein Problem von Anfang bis Ende nachverfolgt und folglich werden alle (Stör-)Faktoren berücksichtigt. Mit dem Dynamic Case Management werden Maintenance-Aufgaben mit vorgegebenen, sich wiederholenden Prozessfragmenten, so wie unerwartete Aufgaben und Ad-Hoc-Aufgaben, einbezogen. Ein solches Ende-zu-Ende Management ist relativ komplex und benötigt gewisse Voraussetzungen, wie:

  • Durchgehende Digitalisierung entlang der Wertschöpfungskette für die Ende-zu-Ende-Maintenance
  • Geplante und Ad-Hoc-Aufgaben, die im Zusammenhang mit einem Maintenance-Prozess und einer Hierarchie ausgeführt werden
  • Ein Decision-Management, welches die verschiedenen Geschäftsregeln begünstigt, aber auch die Analytics-Modelle (Prescriptive, Predictive) einbezieht
  • Predictive-Modelle, die die bestmögliche Entscheidung für die Maintenance treffen können: Aggregiert aus Sensoren und generiert aus Big Data
  • Just-in-Time-Integration mit Enterprise-Applikationen

Der Zusammenhang zwischen Produktionsplanung und Produktqualität

Die klassische Maintenance versuchte Maintenance-Planung entweder mit der Kombination von Produktionsplanung und Maintenance oder mit der Kombination Maintenance-Strategie-Planung und Produktqualitätsanforderungen zu realisieren.  Beispielsweise verwendet die Mehrheit der qualitätsorientierten Maintenance-Strategie historische Daten und Maschinendaten, um eine Korrelation zwischen Produktqualitätsschwankungen und Störungen/Fehler von Maschinenkomponenten in der Produktion zu analysieren. Nun geht die Prescriptive Maintenance einen Schritt weiter und würde in Form einer verbrauchsorientierten Maintenance-Strategie, mit Einbezug diverser Vergangenheitsdaten, eine statistische Restlebensdauer von Maschinenkomponenten mithilfe von externen, messbaren Parameter (z.B. durch Sensor-Technologie) bestimmen. Infolgedessen werden Wartungsintervalle für Maschinen einerseits und den damit verbundenen Prozessen andererseits kombiniert, in dem das Produktionsprogramm und die Betriebsstörungseffekte, sowie Ausfalleffekte von Maschinen verbunden werden. [Ma+17] [ShJa14]

Im ersten Schritt werden zunächst Daten beschafft und anschließend klassifiziert und strukturiert. Im zweiten Schritt werden nachfolgende Daten analysiert und Korrelationen innerhalb der vorstrukturierten Daten identifiziert. Im dritten Schritt, dem „Reaction Model“, werden bestimmte Regeln erstellt und parametrisiert, wodurch zustandsabhängiges Maschinen- oder Maschinenkomponentenversagen vorhergesagt werden kann und Qualitätsabweichungen der Produkte in Echtzeit erfasst werden können. Darauf aufbauend macht der vierte Schritt „Prescriptive Maintenance, Decision Support System“ Vorhersagen zu (größeren) Systemausfällen und –Beeinträchtigungen und schlägt Prescriptive-Maintenance-Maßnahmen vor. Die Entscheidung die vorgeschlagenen Maßnahmen umzusetzen, trifft jedoch die verantwortliche Person und nicht das System. [Ma+17]

Prescriptive Maintenance in der Arbeitsautomatisierung

In der Maintenance werden üblicherweise Aufgaben organisiert und ausgeführt, die normalerweise einem starren Arbeitsablauf von verschiedenen Akteuren unterliegt. Im Fall eines Dynamic Case Managements sind viele Arbeiter, Operatoren, Abteilungen und Anwendungen involviert. Die Arbeitsaufgaben und -Inhalte werden durch eine zugrundeliegende Dynamic Case Management Verwaltung zugeteilt, wobei mit Blick auf den ganzen Fall (Problem) der jeweiligen Abteilungen eines Unternehmens zu bestimmten Teilproblemen gerichtet wird, um dadurch das Hauptanliegen eines Maintenance-Falls zu lösen. Diese Art von Management offenbart eine sehr dynamische, holistische und organisierte Automatisierung in der Lösungsfindung.

Dynamic Case Management in der Produktion erfordert kontinuierliches und kollaboratives Arbeiten. Es erlaubt alle notwendigen Informationen in Form von Gesprächen, Ideenaustauch, Dokumentationen (Texte, Bilder, Videos) zusammenzutragen, um einen Maintenance-Fall zu lösen. Folglich kann das Wissen über ein Produkt, eine Dienstleistung oder über eine Problemlösung entlang einer Wertschöpfungskette besser aggregiert werden. Dies unterstützt eine flexible, kollaborative und flexible Arbeitsweise. Jedoch ist zu beachten, dass Flexibilität ein kritischer Faktor sein kann und nicht immer durch ein automatisiertes Management-System gelöst werden kann. Geplante Maintenance-Aufgaben werden durch ein Dynamic Case Management automatisiert und kontrolliert, aber Ad-Hoc-Aufgaben müssen durch einen Maintenance-Techniker/-Manager in bestehende Maintenance Abläufe integriert werden.

Aus diesem Grund ist es wichtig, dass sogenannte „Knowledge Worker“ (KW) und „Knowledge-Assisted-Worker“ (KAW) in der Konzeptionierung von Anfang an involviert werden. In klassischen Maintenance sind diese Spezialisten für gewöhnlich nicht im operativen Prozess beteiligt, aber diese Kompetenzen haben sich mit der Einführung des Dynamic Case Managements geändert.

Quellenangaben

[Cio17]https://www.cio.de/a/was-ist-was-bei-predictive-analytics,3098583,4 Aufrufdatum: 27.11.2017
[Gar17]https://www.gartner.com/technology/home.jsp

https://www.gartner.com/it-glossary/predictive-analytics/

Aufrufdatum: 27.11.2017
[Hal17]https://halobi.com/blog/descriptive-predictive-and-prescriptive-analytics-explained/ Aufrufdatum: 10.12.2017
[Ros17]http://www.rosebt.com/blog/predictive-descriptive-prescriptive-analytics Aufrufdatum: 10.12.2017
[KhRo15]Khoshafian, Setrag; Rostetter, Carolyn: Digital Prescriptive Maintenance, Disrupting Manufacturing Value Streams through Internet of Things, Big Data, and Dynamic Case Management Pegasystems Inc. USA 2015
[Ma+17]Matyas, Kurt; Nemeth, Tanja; Kovacs, Klaudia; Glawar, Robert: A Procedural Apporach for Realizing Prescriptive Maintenance Planning  in Manufacturing Industries
[ShJa14]Shao, Guodong; Jain, Sanjay: Data Analytics Using Simulation for Smart Manufacturing Proceedings of the 2014 Winter Simulation Conference