DAVIE – Datenbasierte Unterstützungssysteme für nachhaltige Geschäftsprozessinnovationen im produzierenden Mittelstand
Kurzbeschreibung – In DAVIE werden Einsatzmöglichkeiten, Gestaltungsprinzipien, Treiber und Hemmnisse von datenbasierten Entscheidungsunterstützungssystemen erforscht. Dazu werden Forschungsperspektiven der Wirtschaftsinformatik, BWL und Managementlehre kombiniert. Ergebnistypen sind Vorgehensmodelle, Methoden, ein Demonstrator-Toolset, Übertragungs- und Umsetzungsratgeber. Diese helfen insb. dem produzierenden Mittelstand, nachhaltige Geschäftsprozessinnovationen dank besserer Entscheidungsgrundlagen anzustoßen.
Projektlaufzeit:
01.10.2024 bis 30.09.2027
Projektleitung:
Herr Prof. Dr. Christoph Laroque
Projektleitung WHZ (Fakultät WIW)
Kooperationspartner:
Universität Leipzig
Für ein besseres Verständnis der notwendigen Handlungsgrundlagen für Geschäftsprozessinnovationen werden im Vorhaben DAVIE zwei Disziplinen vereint: Zum einen werden Handlungsgrundlagen in der Wirtschaftsinformatik unter dem Konzept „Entscheidungsunterstützungssysteme“ (EUS) subsumiert. Beispiele für EUS sind Simulationen verschiedener Produktionssysteme, Dashboards mit Echtzeitdaten zur besseren Kontrolle der Produktionsprozesse und Frühwarnsysteme zu möglichen Ausfällen in Lieferketten. Zum anderen werden aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive datenbasierte EUS als „Managementinnovation“ verstanden. Bekannte Beispiele sind Lean Management zur Optimierung von Geschäftsprozessen, Balanced Scorecard zur Vereinfachung von Führungsprozessen oder Six Sigma zur Qualitätssteigerung.
Trotz existierender Ansätze zu EUS und Managementinnovationen existieren vier wichtige Forschungslücken: (1) Aus Sicht der Literatur zu EUS in der Wirtschaftsinformatik ist unspezifisch, wie ein datenbasiertes EUS an die speziellen Situationen eines Mittelständlers angepasst werden muss. (2) Es ist unzureichend erforscht, wie ein datenbasiertes EUS ausgestaltet werden muss, damit es im Mittelstand von ersten deskriptiven und diagnostischen Ansätzen bis hin zu prädiktiven und präskriptiven Analyseverfahren alle notwendigen Handlungsgrundlagen abdecken kann. (3) Aus Sicht der Literatur zu Managementinnovationen in den Wirtschaftswissenschaften ist unklar, welche Schritte, Aktivitäten und Fähigkeiten notwendig sind, damit Mittelständler datenbasierte EUS zielbringend nutzen. (4 ) Überdies mangelt es an einem Verständnis bezüglich der Diffusion von EUS – über die Grenzen eines einzelnen Mittelständlers hinaus in den gesamten Mittelstand. Ohne ein Schließen dieser Forschungslücken wird es im Mittelstand kaum möglich sein, in der Breite datenbasierte EUS einzuführen und mithilfe dieser die notwendigen Geschäftsprozessinnovationen zur Sicherung einer nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit anzustoßen.
Vor diesem Hintergrund wird das Projekt DAVIE folgende Forschungsfrage beantworten: Wie kann der sächsische Mittelstand seine Geschäftsprozessinnovationen steigern?
Zur Beantwortung dieser Forschungsfrage und Schließung der o.g. Forschungslücken ergeben sich vier Teilfragen:
1. Wie müssen datenbasierte EUS an die Situationen des Mittelstands angepasst werden?
2. Wie lässt sich der Reifegrad datenbasierter EUS (deskriptiv, diagnostisch, prädiktiv, präskriptiv) im Mittelstand schrittweise erhöhen?
3. Was sind die notwendigen Schritte, Aktivitäten und Fähigkeiten, um datenbasierte EUS im Mittelstand praktisch und regelmäßig einzusetzen?
4. Was sind Treiber und Hemmnisse für die Diffusion datenbasierter EUS im Mittelstand?
Die Forschungsfragen werden in DAVIE anhand von Geschäftsprozessinnovationen untersucht, die speziell in mittelständischen Produktionsunternehmen – dem Rückgrat der sächsischen Wirtschaft – eine Rolle spielen. Weiterhin werden insb. diejenigen Geschäftsprozessinnovationen erforscht, die auf Nachhaltigkeit, Zukunftsfähigkeit und Resilienz des sächsischen Mittelstands einzahlen (z.B. Sustainable Development Goal SDG 8 „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“ und SDG 9 „Industrie, Innovation und Infrastruktur“).
Die Forschungsgruppe Industry Analytics und Professor Laroque streben im Vorhaben einen kontinuierlicher Ausbau des Know-How im Bereich datenbasierter Entscheidungsprozesse im Mittelstand an, um branchenübergreifend Industriekollaborationen zwischen Hochschule und Industrie zu fördern. Die industrienahe Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses als anwendungsorientierte Forschung inkl. der Initiierung und Bearbeitung mind. einer kooperativen Promotion sowie der Positionierung der Expertise in der nationalen und internationalen Wissenschafts-Community stehen ebenso im Fokus.
Die Zielstellung ist es, datenbasierte Entscheidungsunterstützungssysteme (EUS) für mittelständische Unternehmen zu entwickeln, die in Geschäftsprozessinnovationen anwendbar sind. Mit Hilfe von Interviews mit Unternehmen im produzierenden Mittelstand in Sachsen soll ermittelt werden, welche Anwendungsfelder relevant sind und der Status quo bestehender EUS innerhalb dieser untersucht werden. Auf dieser Grundlage werden die Anforderungen des Mittelstands systematisiert und in konkrete Funktionalitäten übersetzt, die dann zu EUS-Prototypen zusammengefasst werden.
In weiteren Verlauf des Forschungsprojektes wird ein Reifegradmodell für diese EUS erstellt, um mögliche Entwicklungsstufen (deskriptiv, diagnostisch, prädiktiv, präskriptiv) im Kontext der Geschäftsprozessinnovationen zu klassifizieren. Dies umfasst auch die Ausarbeitung der Voraussetzungen und Anforderungen an die Daten, die Datenaufbereitung und -modelle, -analysen, Algorithmen sowie Visualisierungen von Handlungsoptionen und deren Auswirkungen speziell für den Mittelstand. Die prototypischen EUS werden zu Demonstratoren weiterentwickelt, die in Zusammenarbeit mit Unternehmen getestet und validiert werden.
Die Verbreitung der Ergebnisse zielt darauf ab, datenbasierte EUS im produzierenden Mittelstand in Sachsen bekannt zu machen. Dazu wird ein Praxisleitfaden entwickelt, der die Nutzung von EUS für Geschäftsprozessinnovationen erläutert. Zudem werden Fallbeispiele über verschiedene Kommunikationskanäle veröffentlicht und die EUS-Demonstratoren webbasiert zugänglich gemacht.