Im europäischen Forschungsprojekt „iDev40 – Integrated Development 4.0“ forschen insgesamt 39 Partner aus Österreich, Deutschland, Italien, Belgien, Spanien und Rumänien an Digitalisierungsthemen beziehentlich einer Optimierung und Beschleunigung von Entwicklungsprozessen entlang der gesamten Liefer- und Wertschöpfungskette in der europäischen Halbleiterindustrie. Ferner befassen sich die Partner mit einem ganzheitlichen Systemansatz über die gesamte Wertschöpfungskette der Entwicklung und Fertigung von der Idee bis hin zu einem fertigen Produkt sowie vom Lieferanten bis hin zu den Endkunden und decken dabei vielfältige Entwicklungsteams unterschiedlicher Bereiche sowie vielfältige Fertigungsaufgaben über geographisch verteile Standorte ab. Das Forschungsprojekt wird als Vorhaben des ECSEL Joint Undertaking unter der Grant Agreement-Nr. 783163 gefördert und vom EU-Programm für Forschung und Innovation Horizon 2020 unterstützt. Darüber hinaus wird das Forschungsprojekt von Partnern des Konsortiums sowie Förderrungen von Österreich, Deutschland, Belgien, Italien, Spanien und Rumänien kofinanziert. Die Laufzeit des Projektes ist von Juni 2018 bis einschließlich Oktober 2021.
Als Mitglied des deutschen Konsortiums werden durch den Partner Westsächsische Hochschule Zwickau (WHZ) innovative Einsatzszenarien der Materialflusssimulation in der Halbleiterfertigung auf Ebene der Netzwerkplanung erschlossen. Auf Basis akademischer Vorarbeiten zur (rückwärtsorientierten) diskreten ereignisorientierten Simulation (DES) sollen konkrete Anforderungen der Industriepartner in einem Vorhersagewerkzeug umgesetzt und validiert werden. Hierzu sind die einzusetzenden Methoden erheblich zu erweitern und hinsichtlich einer Praxistauglichkeit weiterzuentwickeln.
Gegenüber anderen Branchen charakterisieren die Produktionssysteme und -prozesse im Bereich der Halbleiterfertigung ein überdurchschnittlich hohes Maß an Komplexität. Im Hinblick auf die Prozessstabilität gelten die eingesetzten Fertigungstechnologien im Mikro- und Nanometerbereich als besonders sensitiv und beinhalten darüber hinaus komplexe Steuerungslogiken. In Abhängigkeit verschiedener im Vorfeld festgesetzter Merkmale durchlaufen einzelne Produktionslose zum Teil mehr als tausend Prozessschritte. Einzelne Produktionslose werden dem folgend mitunter mehrfach sowie mit hohem Automationsgrad unter Reinraumbedingungen über spezielle und teilweise dieselben Maschinen und Transportrouten prozessiert (Re-Entry-Cycles). Die daraus resultierende Komplexität der Produktionssysteme und -prozesse führt folglich nicht selten zu einem Ausschuss angefertigter Produkte in relevanter Größenordnung, den es kurzfristig durch zusätzliche Einschleusungen auszugleichen gilt.
Bisheriger Projektverlauf
Nachkommend einer engen Zusammenarbeit und Absprache zwischen verschiedenen Abteilungen von Infineon Technologies Dresden, Prof. Dr. Christoph Laroque und den Projektmitarbeitern der WHZ ist zunächst die Anwendbarkeit des methodischen Ansatzes zur Generierung einer Einschleusplanung durch das Verfahren der Rückwärtssimulation anhand eines einfachen Testmodells erprobt worden, ehe danach auf Basis eines „real-world use-case“ noch einmal spezifischer Potentiale und Grenzen des Verfahren unter Berücksichtigung spezieller Eigenschaften der Halbleiterfertigung aufgezeigt werden konnten. Für beide Betrachtungen ist die Simulationssoftware AnyLogic© eingesetzt worden.
Aufbauend auf die erzielten Ergebnisse ist ferner die weitere Nutzung und Weiterentwicklung des Anylogic©-Modells diskutiert worden. Für präzisere Simulationsergebnisse ist es für den Industriepartner von Interesse gewesen, einen WIP („Work in Progress“) in die Rückwärtssimulation integrieren zu können. Danach ist der methodische Ansatz zur Generierung einer Einschleusplanung durch das Verfahren der Rückwärtssimulation auf die Simulationssoftware AutoSched AP übertragen und angepasst worden. Die grundlegenden Ziele beziehentlich der Simulation sind hierbei unverändert geblieben: Die Rückwärtssimulation soll die Einschleusplanung (Reihenfolge und Terminierung) so optimieren, dass möglichst alle Lose pünktlich gegenüber den zugesagten Fertigstellungstermine (Due Dates) mit einer optimalen Auslastung der vorhandenen Ressourcen fertiggestellt werden. Darüber hinaus soll das entstandene Modell das Verfahren durch Integration in die betriebliche Simulationssoftware noch einmal zugänglicher für den Industriepartner machen und die Potentiale für die Produktionsplanung und -steuerung im Bereich der Halbleiterfertigung aufzeigen.
Die Ergebnisse zeigen, dass durch den methodischen Ansatz zur Generierung einer Einschleusplanung durch das Verfahren der Rückwärtssimulation und nachstehende Validierung durch die Vorwärtssimulation eine sehr viel feinere Einschleusplanung vorgenommen werden kann, die dazu führt, dass die zu planenden Lose innerhalb eines kleineren Zeitfensters (im Sinne einer Streuung der Fertigstellung) und zu einem erheblichen Teil pünktlich fertiggestellt werden.
Weitere Informationen zum Forschungsprojekt iDev40 sind abrufbar über: