Predictive Maintenance: Der Traum von selbstheilenden Maschinen

Auch in der Industrie 4.0 müssen unsere Maschinen gewartet werden und hier ist es möglich bevor die Maschine den Geist aufgibt. Predictive und prescriptive Maintenance sind die Schlüsselworte, welche es erlauben, die Anlagen proaktiv zu warten. In diesem Artikel beschrieben wir, was diese zwei Methoden ausmacht, wo ihre Gemeinsamkeiten zu finden sind und was möglich sein wird.

Predictive und Prescriptive Maintenance: eine Gegenüberstellung

Wartungskosten machen einen großen Teil der Aufwendungen eines Unternehmens. Diese können sehr schnell sehr kostenintensiv werden und können bis zu einen Drittel der gesamten Unternehmensausgaben ausmachen. Gründe hierfür sind unerwartete Ausfälle, nicht eingeplante Ausfallzeiten, die Beanspruchung des Personals während eines Ausfalles und unnötig durchgeführte Instandhaltungen.

Wenn sie sich gerade auch bei den Gedanken erwischt haben, was unerwartete Ausfälle mit Instandhaltung zu tun hat, dann gehören sie zu der Mehrheit der Unternehmen, welche denken das Wartung etwas reaktives ist. Sie warten bis die Maschine die Arbeit einstellt um sie danach zu reparieren. Dieses Vorgehen hat zwar die Vorteile, dass wenige Personal und damit auch geringere Kosten direkt anzufallen scheinen, aber durch die immer wiederkehrenden ungeplanten Ausfälle von Anlagen, die Kosten für Ersatzteile und die ungenutzte Arbeitszeit des bedienenden Personals werden die im Wartungsbereich „eingesparten“ Kosten weit überschritten.

Weniger Unternehmen arbeiten mit preventive Maintenance (dt.: vorbeugende Instandhaltung), dies sind Maßnahmen, welche präventiv geplant und in festgelegten Abständen durchgeführt werden. Hier liegt auch schon ein Vorteil dieser Planung, es kommt zu flexiblen geplanten Wartungsarbeiten, welche neben der Lebensverlängerten Wirkung der Anlagen auch die Kosten um bis zu ein Fünftel im Gegensatz zur reaktiven Variante mindert. Dennoch kann es zu ungeplanten Ausfällen und nicht benötigter Wartung kommen und durch die Regelmäßigkeit arbeitsintensiv.

Die predictive Maintenance (dt.: vorausschauende Instandhaltung) wird in den wenigsten Unternehmen eingesetzt. Dies sind Instandhaltungsmaßnahmen, welche auf Prozess- und Maschinendaten basieren. Hier werden Daten durch Sensoren der Anlagen gesammelt und sofort auszuwerten, dadurch sind gezielte Wartungsarbeiten möglich welche die Lebensdauer der Anlagen verlängern und die Ausfallzeiten auf ein Minimum reduzieren. Zwar muss die Ausrüstung für die Anlagen und die Schulung der Mitarbeiter angeschafft werden, jedoch senken die mit Wartungsarbeiten verbundenen Kosten bis zu 40% im Bezug auf die reaktive Methode.

predictive maintenance

Wie im Bild zu erkennen, wird mit den verschiedenen Methoden das vorhandensein von Daten und des Analyse immer wichtiger und die menschliche Interaktion zur Fehlerfindung um die dazu passende Entscheidung zu treffen immer weniger. Die reaktive Instandhaltung beschäftigt sich mit den Fragen Was und Warum ist die Anlage kaputt gegangen. Die predictive schreibt der Datenanalyse schon mehr Wichtigkeit zu, in dem sie vorrausschauend berechnet was passieren wird. Prescritpive Maintenance arbeitet bis zur Entscheidungshilfe und darüber hinaus. Hier schlägt das System verschiedene auf das Problem passende Lösungsvorschläge vor oder entscheidet aus Erfahrungswerten automatisch die beste Lösung für die Störung vor.

Die prescriptive Maintenance baut auf die predictive Maintenance auf und erweitert den Systemanteil um den Bereich der Entscheidungsfindung. Wo die predictive Analyse mit den darlegen der gesammelten und ausgewerteten Daten aufhört, führt die prescriptive Analyse dies mit vorhandenen Lösungsszenarien weiter und berechnet die Erfolgschance der verschiedensten Herangehensweisen. Die prescriptive Maintenance ist ein Selbstlernendes System, welches sich selbst optimiert, die Anlagenbelastung selbstständig ausgleicht und die Produktion neu plant. Trotz dieser massiven Vorteile und Kosteneinsparung, ist diese Instandhaltungsweise relativ neu und wurde bisher nur von wenigen eingeführt.

Wie funktioniert predictive Maintenance?

Die Verfassung einer Anlage wird durch periodischen, in den Stillstandszeiten, oder kontinuierlichen Überprüfungen eingeschätzt. Die Einschätzung des Zustandes der Maschine wird durch die mit der Maschine verbunden Sensoren gesammelt. Diese Daten können Druck, Temperatur, Licht, Lärmentwicklung, Durchlaufzeiten, etc. sein.

Diese gesammelten Daten werden in ein Modell übersetzt. Mit Hilfe von machine learning (dt.: maschinelles Lernen), auch Deep Learning oder Neural Network genannt, und künstlicher Intelligenz können anhand der aufgezeichneten Daten Fehlfunktion vorhergesagt werden. Sobald solch eine Fehlfunktion erkannt wurde, löst das System einen Alarm aus und stellt die Maschine im Wartungszustand, in dem Reparaturarbeiten durchgeführt werden können. Anhand der gesammelten und ausgewerteten Daten erkennt das System ein Muster. Anhand dieses Muster und den errechneten Eintrittswahrscheinlichkeiten werden vom System geplante Stillstandszeiten festgelegt und Verluste und Schäden zu minimieren.

Wie soll prescriptive Maintenance funktionieren?

Als kleines Kind sind sie mit ihren Verletzungen zu ihren Eltern gegangen, welche sie rührend um die Verletzung gekümmert haben, egal wie klein sie war. Nun sind sie Erwachsen und können sich selbst verarzten. Genauso verhält sich das mit der Entwicklung der Instandhaltung, früher hat die Maschine durch nicht funktionieren gezeigt, hier ist etwas kaputt. Die Vorstellung von einer selbstheilenden Maschine, welche ihre Probleme selbst löst, ist noch Zukunftsmusik, jedoch in greifbarer Nähe. Sozusagen ist unsere Maschine in der Pubertät und geht mit großen Schritten dem Erwachsen werden zu.

Durch die Vertiefung der Sektoren des maschinellen Lernens und der künstlichen Intelligenz können die mathematischen Algorithmen immer detailliertere Auswertungen liefern und den Techniker genaue Fehleranalysen und die besten Lösungsvorschläge für diesen spezifischen Fall bieten. Prescriptive Maintenance benutzt erweiterte Datenanalyse nicht nur um Wartung vorherzusagen und Empfehlungen zu geben, sondern handelt nach den eigenen Empfehlungen und verbessert dies kontinuierlich.

Prescriptive Maintenance erfüllt nicht nur die Fehlerprognose und das automatische Erkennen und Messen der wichtigsten Messwerte, sondern beinhaltet auch das selbstständige durchführen von Updates der Software ohne den Produktionsprozess zu stören. Sobald es Unregelmäßigkeiten im Produktionsablauf sieht, ruft es selbstständig einen Techniker, welcher auf Grundlage der gesammelten Informationen aufgezeigt bekommt, welche Teile eine Behandlung benötigen, die fertige Arbeit wird von System überprüft. Dieses „kognitive“ denken ist die Schnittstelle zwischen Big Data, Data Analytics, maschinellen Lernen und künstlicher Intelligenz. Durch diese Entwicklung können kognitive Systeme neben den Wartungs- und Betriebsdaten andere Datenquellen, wie Qualitäts-, Garantie und Konstruktionsdaten ineinander integrieren und so eine entscheidende Bedeutung für die komplette Funktionsweise ganzer Unternehmen übernehmen.

Use Case: Fehlerprognose

In der predictive Maintenance werden alle bisherigen Produktionsperioden betrachtet um eine Prognose für die Zukunft zu erstellen. Bei der Lackierung von Autotüren hat sich herausgestellt, dass im Durchschnitt jede hundertste Serie (±1) die Türen Unregelmäßigkeiten in der Lackierung aufweisen, so wurde von der Geschäftsführung festgelegt, das nach jeder neunundachtzigsten Serie die Lackiermaschinen gesäubert und besonders auf die Sensoren der Sprüheinheit geachtet werden muss.

Usecase Fehlerprognose

Zusätzlich hierzu kommt nun der Aspekt des maschinellen Lernens, dieser Betrachtet gleichzeitig mehrere Werte und kombiniert die entsprechenden Informationen um einen Zusammenhang zu finden. Dafür wird je Eigenschaft und für jede mögliche Kombination dieser ein Baumdiagramm erstellt. In unserer Lackieranlage werden zusätzlich Tageszeit, Temperatur, Luftdruck, Füllstand und Luftfeuchte gemessen und gespeichert. Durch Erfahrungswerte der vorhergehenden Serien hat das System Schwellenwerte festgelegt welche entweder über- oder unterschritten werden. Das System sucht nun einen Zusammenhang der gemessenen Werte um herauszufinden unter welchen Umständen die Lackierungsfehler auftreten. Hier hat sich herausgestellt, dass bei niedrigen Temperaturen und hoher Luftfeuchte am häufigsten Fehler auftreten und andere gemessene Werte keinen erkennbaren Zusammenhang aufweisen. Als Ergebnis dieser Auswertung empfiehlt die Geschäftsführung bei starken Regen die Türen und Fenster bei der Lackieranlage geschlossen zu halten. Das Gebiet des maschinellen Lernens versucht also repräsentative Klassifikationen (z.B. durch Clusteranalyse) in den gemessenen Daten zu finden um die wichtigsten Sensoren auszumachen und unter besonderer Beobachtung zu stellen.

Usecase

In der prescriptive Maintenance würde die Anlage selbstständig alle neunundachtzig Serien eine Säuberung der Sprüheinheit vorschlagen bzw. durchführen und die Luftfeuchte und Temperatur selbstständig zu den optimalen Werten regulieren.